"Im Sportsponsoring gehört die Bühne den Grossen"

„Sport ist das Chamäleon des Sponsorings“, sagt Hans-Willy Brockes im Interview. Vor 25 Jahren hat der Sponsoring-Experte das SPORT.FORUM.SCHWEIZ ins Leben gerufen. Heute gilt der Kongress als Spiegel des Schweizer Sportmarkts, der am 28. und 29. November neuesten Trends und wegweisende Ideen in Luzern aufzeigt.

Herr Brockes, das SPORT.FORUM.SCHWEIZ feiert sein 25jähriges Jubiläum. Wie war die Ausgangssituation im Sportsponsoring vor 25 Jahren?
Brockes: Natürlich gab es schon Profisport in seiner heutigen Form und auch Sponsoring war schon gewissermassen etabliert. Aber die meisten Sponsoren nutzten das Sponsoring als «Schleichwerbung», um günstig in die Medien zu gelangen ohne Anzeigenwerbung zahlen zu müssen. Nur wenige Branchen, und da muss man speziell die Banken nennen, waren kreativ und hatte richtige Sponsoring-Strategien. Erwähnenswert ist, dass damals das Kultursponsoring fast auf Augenhöhe mit dem Sport war. Zumindest von den Summen her.
 
Warum hat sich das Sportsponsoring dann so dynamisch entwickelt und Kultursponsoring weniger?
Brockes: Aus meiner Sicht ist der Sport das Chamäleon des Sponsorings. Wenn es irgendwo eine neue Sponsoring-Einnahmequelle gibt, dann passt sich der Sport schnellstens an die Bedürfnisse der Sponsoren an. Beispielsweise war Hospitality zunächst mehr in der Kultur als im Sport verbreitet. Aber je mehr Sponsoren nach B2B-Angeboten, wie Logen oder Business-Clubs fragten, umso mehr Angebote wurden im Sport geschaffen und auch vermarktet.
 
Gibt es weitere Beispiele, wo der Sport sich an die Marketing-Bedürfnisse der Unternehmen anpasst?
Brockes: Selbstverständlich. Heute beispielsweise suchen alle Marken nach Influencern und benötigen sogenanntes Storytelling. Der Sport hat die Stories und die Profisportler werden zunehmend zu Sportfluencern. Bei den Clubs und Ligen kann man sogar beobachten, dass sie zu Medienhäusern werden.
 
Das klingt alles sehr optimistisch, andererseits hört man immer wieder, dass Sponsoring schwieriger wird und die Budgets gekürzt werden.
Brockes: Massive Veränderungen gibt es sowohl auf der Seite der Sponsoren wie auch bei den Sportarten. Branchen, die traditionell im Sponsoring stark engagiert waren, fahren ihre Etats zurück und plötzlich tauchen neue Sponsoren wie ABB auf. Ein Beispiel dafür ist die Formel E und natürlich dürfen wir den Boom des eSports nicht vergessen. Wobei man einschränkend sagen muss, dass im eSport zwar viele Sponsoren einsteigen, jedoch - zumindest in der Schweiz - keine grossen Summen fliessen.

Wo wird das Sportsponsoring in 25 Jahren stehen?
Brockes: Da kann ich natürlich nur mutmassen, dass sich die heute erkennbaren Entwicklungen fortsetzen. Sportsponsoring wird mit den grossen und internationalen Sportlern und Teams deutlich an Bedeutung gewinnen. Im Fussball sieht man die Tendenz bereits massiv: Clubs, die in der Champions League spielen und die internationalen Topstars wie Christiano Ronaldo, Neymar und Lionel Messi werden immer wertvoller und wichtiger. Andererseits laufen wir in den nationalen Ligen Gefahr von der Zweitklassigkeit zur Drittklassigkeit zurückgestuft zu werden. Bereits heute kann man erkennen, dass die Sponsoring-Preise national kaum noch steigen und die Sponsoren eher regionalen Charakter haben.
 
Hat Sponsoring als Marketing-Instrument überhaupt eine Zukunftsperspektive oder wird Sponsoring auch der Digitalisierung zum Opfer fallen?
Brockes: Ich bin davon überzeugt, dass Sponsoring mit der Digitalisierung und auch mit dem eCommerce wachsen wird. Marken-Kommunikation und auch der Kaufprozess benötigen auch in Zukunft Emotionen. Das bieten Sport und Entertainment. Wir gehen davon aus, dass Sponsoring zunehmend zum Kaufprozess führt. Vereinfacht wird es so aussehen, dass der Sportfan auf der Webseite bzw. Social Media-Seite seines Clubs oder seines Idols nicht nur Sportinformationen konsumiert, sondern auch direkt Online-Shopping betreibt. Durch Whitelabel-Lösungen der etablierten eShops kauft man dann beispielsweise beim SC Bern ein. Fullfilment und Lieferung machen dann eCommerce-Dienstleister wie etwa brack.ch. Ähnlich wird man seine Reisen und andere Dienstleistungen über das emotionale Sportportal des Fans betreiben. Für Clubs und Sportstars wird dies eine neue und wichtige Einnahmequelle werden.
 
Und welche Chance haben die Randsportarten und kleinen Clubs?
Brockes: Schwer zu sagen. Überall gibt es die Tendenz zur Professionalisierung. Aber ein Sponsor kann natürlich auch skalieren und viele kleine Sponsorships miteinander verknüpfen. Das funktioniert aber nur, wenn man auch bei den genannten Clubs und Sportarten Sponsoring-Know-how besitzt. Da sehen wir nach wie vor starke Defizite.
 
Das SPORT.FORUM.SCHWEIZ richtet sich vornehmlich an den Profisport, müsste man da nicht mehr für die «Kleinen» machen?
Brockes: Jein. Wir bilden mit dem SPORT.FORUM.SCHWEIZ bewusst den professionellen Schweizer Markt ab. Das Forum ist dazu da, dass sich die wichtigsten Branchenvertreter einmal im Jahr treffen und die wichtigen Entwicklungen diskutieren. Vertreter von kleineren Sponsoren und Sportarten sind herzlich willkommen. Das Forum zeigt die internationalen und nationalen Trends auf.
 
Herzlichen Dank und viel Erfolg für die nächsten 25 Jahre SPORT.FORUM.SCHWEIZ!